krebs8 hat geschrieben: Fr Okt 29, 2021 7:09 amWenn ich diesen nun gegen einen genaueren/besseren Zähler tauschen möchte, was ist die günstigste und einfachste Variante?
Du brauchst einen Zähler, der sich elektronisch auslesen lässt und musst die Daten irgendwie zur openWB bekommen.
Folgende Eigenschaften fallen mir für den Zähler ein die man beachten kann:
- Geeicht ja/nein
- Einphasig/Dreiphasig
- Einrichtung/Zweirichtung
- Bei Dreiphasig+Zweirichtung: Phasensaldierend ja/nein
- Maximal erlaubte Stromstärke
- Frequenz in der sich die Daten aktualisieren, die man elektronisch auslesen kann
- Parameter die man auslesen kann
- Schnittstelle zum Auslesen (üblicherweise eins von: Impuls elektrisch/optisch, Modbus RS485, Modbus TCP)
Hier nochmal die Anschlussmöglichkeiten:
Hier sind drei Punkte (A, B, C) an denen man messen kann. Der Wechselrichter von der PV hat normalerweise einen eingebauten Zähler. Diese ist an Position C, da hat man auf jeden Fall schonmal Messwerte. Dazu kann man noch einen weiteren Zähler an Position A oder B hängen. Beides ist möglich. Position B ist messtechnisch einfacher, Position A hat aber mehr Möglichkeiten. Im Detail:
Du hast zwei Größen die du Messen kannst:
- Die Momentanwerte (Leistung in Watt, Spannung in Volt, Stromstärke in Ampere, etc.)
- Die Gesamtenergie (In Wattstunden)
Die Momentanwerte sind relativ einfach zu erfassen. Man kann die Werte für jede der drei Phasen einzeln messen und die Leistung kann man einfach addieren. Angenommen die Photovoltaikanlage produziert gerade 300W und zwar gleichmäßig verteilt auf alle Phasen. D.h. 100W pro Phase. Angenommen im Haus ist der Verbrauch wie folgt: Phase1=200W, Phase2=100W, Phase3=50W. In diesem Fall würde der Zähler an Position A messen:
- Phase 1 = 100W
- Phase 2 = 0W
- Phase 3 = -50W
- Summe: 100W + 0W +-50W = 50W
An Position B würde gemessen:
- Phase 1 = 200W
- Phase 2 = 100W
- Phase 3 = 50W
- Summe: 200W + 100W + 50W = 350W
Egal ob der Zähler an Position A oder B hängt: Wenn der im Wechselrichter fest eingebaute Zähler an Position C vorhanden ist, kann man sich die Messung am jeweils anderen Punkt mit einer einfachen Differenz oder Summe errechnen. Beispiel: Zähler ist an Position B: PV produziert auf Phase 1=100W, Zähler B misst auf Phase 1=200W, dann ist Phase1 bei Punkt A = B-C, also 200W-100W = 100W.
Für die Energie ist es leider nicht so einfach. Wenn der Zähler an Position A hängt kommt man noch an alle Daten. Hängt der Zähler an Position B hat man wegen der fehlenden Möglichkeit der Phasensaldierung das Nachsehen.
Kurz zum Thema "phasensaldieren": In Deutschland erfolgt die Messung des Energieverbrauchs im Sinne der Stromrechnung in der Regel phasensaldierend. D.h. angenommen wir haben für eine Stunde konstant an Position A folgende Messung: Phase1=100W, Phase2=0W, Phase3=-100W. Danach haben wir für eine weitere Stunde diese Messung: Phase1=-100W, Phase2=0W, Phase3=100W. Dann hätten wir phasenbezogen folgende Messwerte für die Energie (ich lasse Phase2 jetzt weg, da ist eh alles null):
Stunde 1:
- Phase 1 = 100Wh Bezug
- Phase 3 = 100Wh Einspeisung
Stunde 2:
- Phase 1= 100Wh Einspeisung
- Phase 3= 100Wh Bezug
Nach den 2 Stunden haben wir also folgende Zählerstände:
- Phase 1_ Einspeisung = 100Wh
- Phase 1_Bezug = 100Wh
- Phase 3_ Einspeisung = 100Wh
- Phase 3_Bezug = 100Wh
Wir wissen dann nach den zwei Stunden, dass auf beiden Phasen jeweils 100Wh bezogen und 100Wh eingespeist wurden. Wir wissen aber leider nicht in welchem zeitlichen Bezug diese Energie zueinander steht. Anhand dieser Messwerte könnte es auch sein, dass eine Stunde lang auf beiden Phasen gleichzeitig mit 100W Strom bezogen wurde und dann in der zweiten Stunde gleichzeitig mit 100W eingespeist wurde. Entsprechend können wir aus dieser Messung nur sehr eingeschränkt darauf schließen, was nachher auf der Stromrechnung stehen wird.
Ein phasensaldierender Zähler hat einen unabhängigen Gesamtzähler. Dieser würde in unserem Beispiel uns genau ausgeben, dass die Gesamtsumme 0Wh waren, weil immer auf Phase3 genau das Gegenteil zu Phase1 passiert ist und in Summe alles gleich blieb.
Jetzt kommt es natürlich etwas darauf an, was man eigentlich will. Wenn man nicht wie ich in dem Beispiel oben den Zähler nur einmal pro Stunde abliest, sondern alle 10 Sekunden (so wie es die openWB auch tut) und die Zählerstände linear interpoliert ist das Ergebnis zwar immernoch nicht exakt, aber man kann sich selbst mit dem Zähler in Position B ziemlich gut annähern. Man muss nur damit klar kommen, dass wenn es Verbindungsstörungen gibt, also die openWB mal für eine Weile ausfällt oder das Netzwerk ausfällt, dann entsteht in der Statistik eine Lücke der Ahnungslosigkeit. Für die Regelung ist das egal: Dafür braucht die openWB ohnehin nur die Momentanwerte und nicht die Gesamtenergie.
Fazit bis hier: Ein Zähler an Position B ist auf jeden Fall billiger. Man braucht nur einen Einrichtungszähler und phasensaldierend interessiert auch nicht. Für die Regelung der openWB ist das kein Nachteil. Interessiert man sich jedoch für eine genau Erfassung der Gesamtenergie braucht man zwingend einen phasensaldierenden Zweirichtungszähler an Position A.
Der Weg der Daten
Irgendwie müssen die Daten von dem Zähler jetzt noch zur openWB kommen. Üblich sind die folgenden Optionen den Zähler auszulesen:
- Elektrischer Impulsausgang
- Optischer Impulsausgang
- Modbus RS485
- Modbus TCP (oder HTTP, MQTT)
Du willst ja einen genaueren Zähler als du aktuell hast, also vergiss den Impulsausgang gleich wieder. Per Modbus kommt man an viel mehr und genauere Werte als per Impulsausgang. Es gibt Zähler die sich direkt per Netzwerk auslesen lassen. Der Markt ist dort jedoch eher dünn. Beispiel ist zum Beispiel ein "Countis E28". Zweirichtungszähler, Phasensaldierend, Netzwerkbuchse, direkt auslesen, Problem erledigt. Ist aber auch eher teuer das Teil. Und du brauchst natürlich ein Netzwerkkabel in den Sicherungsschrank.
Eine andere Option ist zum Beispiel ein "SBC ALE3B5FD10". Das ist auch ein Zweirichtungszähler, phasensaldierend, aber nicht per Netzwerk auslesbar, sondern nur per Modbus RS485. Um die Daten an die openWB zu bekommen brauchst du noch ein Gateway. Praktischerweise ist ein solches Gateway in den meisten modernen Wechselrichtern bereits eingebaut. Die Chance ist ganz gut, dass du den Stromzähler direkt an deinen Wechselrichter anschließen kannst. Im Gegensatz zu allen anderen Lösungen hat das auch den Charme, dass du die Daten zusätzlich im Portal vom Wechselrichter siehst. Auf anderem Weg sind die schwierig dahin zu bekommen. Du musst allerdings selbst erstmal rausfinden ob der entsprechende Zähler kompatibel mit deinem Wechselrichter ist. Und ob der Wechselrichter dann auch alle Daten die du haben willst und die er vom Zähler bekommt raus lässt. Für die Kompatibilität gibt es eine einfache Lösung: Die meisten Wechselrichterhersteller (auch Fronius) bieten selbst Stromzähler an die du verwenden kannst. Die sind schonmal definitiv kompatibel. Ob sie auch phasensaldierend sind musst du dann noch rausfinden.
Wenn du einen RS485-Zähler verwenden willst, aber nicht die Gateway, die im Wechselrichter eingebaut ist, findest du in großer Anzahl Angebote für Modbus/Ethernet Gateways. Wie gut die sind und was die können... Ist eine neue Frage wert. Ich habe bisher nur mit einem Erfahrung und daraus ergibt sich leider keine Emphelung.
Wenn du auf das ganze phasensaldierende Zeug keinen Wert legst, kein Netzwerk im Sicherungskasten, aber WLAN-Empfang hast, dann sei noch erwähnt, dass der Shelly3EM per WLAN läuft und vergleichsweise günstig ist.
P.S.: Wenn du einen günstigen Zähler haben willst... Ich habe hier noch einen SDM630 rumliegen. Fehlkauf. Kann alles was man braucht außer phasensaldierend. Das ist mir beim Kauf irgendwie durch gegangen. Das ist mir erst danach aufgefallen, als ich gemerkt habe, dass die Messwerte irgendwie garnicht zusammen passen. Den kann ich dir auch gebraucht verkaufen

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Der Zähler vom EVU-kit ist soweit ich erkennen kann leider auch phasenbezogen.